Es gibt noch viel zu tun in den deutschen Medienhäusern, was das Thema New Work betrifft.

Erste Aktion vor Ort in der Leipzig School of Media beim Panel "New Work" bei der Tagung "Besser Online" heute: Gemeinsam mit dem Publikum einen Kreis bilden, in dem man sich gut austauschen kann. Ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Positive Beispiele für New Work stellten Kersten A Riechers (quäntchen + glück) und Brigitte Schröder (Digital Media Women) aus ihrem Alltag vor. Kersten A. Riechers erzählte von durchaus langen und anstrengenden Prozessen in der von ihm mitgegründeten 20-Personen-Agentur. Ziel: Ein Arbeitsmodell finden, das für alle akzeptabel ist und dass dieses Modell immer wieder neu angepasst wird. Um nur einige Punkte zu nennen: Aktuell verdienen dort alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genau das Gleiche (mit Ausnahme von Praktikanten und studentischen Hilfskräften). Montags werden keine E-Mails beantwortet. Der Tag ist für interne Meetings reserviert. Das hat damit zu tun, dass es 20 verschiedene Arbeitszeiten und viele Homeofficetage gibt und man sich in der Phase vorher oft wochenlang nicht mehr gesehen hat. Statt einer Werteliste orientiert man sich intern an einer Culture Map, die die Unternehmskultur kartographiert. Quäntchen + glück hat für andere aus den eigenen Erfahrungen heraus ein New Work Quartett entwickelt, das Kersten Riechers vor Ort an interessierte Zuhörer und Zuhörerinnen verteilte.

„Ich habe das Gefühl, die Verlage sterben einfach zu langsam. Da ist der Innovationsdruck einfach nicht groß genug.“

 Auf die Frage, ob es ein positives Beispiel für gutes New Work bei den Verlagen gibt, sagte er: „Ich habe das Gefühl, die Verlage sterben einfach zu langsam. Da ist der Innovationsdruck einfach nicht groß genug.“ Sein Rat: „Wenn's ein Problem gibt, mach 'ne Party draus.“ Bei quäntchen + glück gibt es diese "Partys" seit vielen Jahren.  Bei Problemen werden immer sogenannte Usability Testessen mit Pizza veranstaltet.

Brigitte Schröder berichtete, dass die Selbstorganisation im ehrenamtlichen Bereich bei den Digital Media Women manche Neumitglieder erst einmal überfordere und auch nicht jeder immer damit klarkomme. Es sei aber klar, dass die ehrenamtlich tätigen Frauen im Verein dieses Modell beibehalten wollen. Es gebe keine Anweisungen von oben. Über ihre DMW-Erfahrungen ein Kapitel in dem Band "Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt" geschrieben.

Martin Talmeier und Klaus Motoki Tonn berichteten in der Runde von ihren Erfahrungen mit großen, alten Zusammenschlüssen im Bereich Medien und Kirche. Dort fällt es unvergleichlich schwerer, New Work einzuführen. Martin Talmeier, der sich am Hasso-Plattner-Institut mit Design Thinking beschäftigt, versucht immer wieder, in großen Unternehmen den Wandel anzustoßen. Ein zähes, langsames Vorhaben. Es gebe nicht die eine Lösung, die für alle passe. Man müsse immer individuell ansetzen. Wichtig sei vor allem, erst einmal das grundlegende Mindset zu verändern. Das geschehe immer noch viel zu selten im ersten Schritt.

Klaus Motoki Tonn, der zum Digital Mindset im Umfeld von Kirchen promoviert hat und sich aktuell unter anderem um neue Kommunikationsstrategien der Landeskirche Hannover kümmert, stimmte dem zu. Der Erfolg von Neuerungen hängt zu 90 Prozent vom Menschen ab, nur zu 10 Prozent von der IT, sagt er. Er vertrat die These, dass Kirche und Medien im Hinblick auf die digitalen Veränderungen bisher ähnlich schwer beweglich sind. Die Church of England sei allerdings ein positives Gegenbeispiel. Dort habe sich gezeigt, dass, wenn man immer wieder gegen eine Wand trete, sie irgendwann scheinbar von alleine umfällt.

ANMERKUNG: Ich durfte dieses Podium moderieren.